Donnerstag, 19. Dezember 2013

Donnerstag, den 19. Dezember

So langsam groovt sich der Sommer richtig ein. Wenn es vor einer Woche ab und zu noch mal kühl und windig und neblig war, scheint jetzt die Sonne bei 30 Grad. Die letzten Tage hab ich ausflugstechnisch eher ruhig verbracht, hatte auch morgens so einen kleinen Anflug von Erkältung und Unwohlsein, was mich aber nicht daran gehindert hat, ein paar Mal in die Mainstreet zu sausen, um meiner neuen Leidenschaft zu frönen, in den chinesischen Läden herumzustöbern und mein Zimmer auszustatten und zu verschönern. Es gibt einige kleine chinesische Läden, die unseren Ein-Euro-Läden oder Schauen-und-kaufen oder so, ähneln. Da bekommt man vieles zum halben Preis. Ist vielleicht nicht ok für die südafrikanische Wirtschaft, aber die kleinen chinesischen Familien sollen ja auch leben, oder?  Denke mal, das sind kleine Familienunternehmen, meistens Mann und Frau und ein Baby. Ach überhaupt, dürfen die denn hier nicht mehr Kinder (als eins) kriegen? Vielleicht nicht, wenn sie zurück wollen?  Also gut, meine 3m Verlängerungsschnur sollte im Haushaltsladen 89 Rand kosten, das sind ungefähr 7€, im Supermarkt sogar mehr als 10€. Die Frage ist dann auch noch, sind das ausländische Importe? dann nützen sie der heimischen Wirtschaft ja auch nicht viel. Aber der kleinen chinesischen Familie, bei 45 Rand das Kabel, und meinem Portemonnaie dagegen schon. Fritz sagt: "Du musst aufpassen mit den chinesischen Sachen, die taugen oft nicht viel." Er hatte mal Teelichter gekauft, die seien sofort ausgebrannt gewesen. Ansonsten welche schlechte Erfahrung noch? Auf meine Frage muss er verneinen. Also, gebe ich dem Chinesen eine Chance, etliche sogar. Viele Dinge werden gekauft und verschwinden in meinem Rucksack. Fritz jubelt über die Lichterkette (28 Rand, ca 2€) mit Batterien, vier Stück für 8 Rand, also ungefähr 60 Cent bei uns. 



Die Lampions sind von der Hochzeitsdeko übrig geblieben, heute morgen hat Leo einen ganzen Karton voll Deko Zeugs vorbeigebracht, bevor die Familie nach Mozambique abreiste.
Jetzt können wir uns also kreativ austoben.
Zurück zu meinem Zimmer. Ich hab auch noch ein paar Poster ( Din A 3) beim Floristen (!) machen lassen von meinen eigenen Fotos, kleine Schachteln zur Aufbewahrung von vielen kleinen Dingen gefaltet und so weiter. Überzeugt euch selbst:



Und ich hab es auch endlich geschafft, an meinem Band 2 "von der Rolle" zu arbeiten, also die Fortsetzung von "Kleidertanz".

Am Montag war übrigens ein Feiertag, der "Reconciliation Day" (Versöhnungs Tag), sehr symbolträchtig, ein Tag nach der Beerdigung von Mandela, und ich wunderte mich, dass Strand und Wiesen mit Großfamilen übersät waren, die dort lagerten und ihr Picknick mitgebracht hatten.
In der Zeitung ist von reconciliation außer in den Artikeln über Mandela, nicht viel zu spüren. Die "Cape Times", die wohl eher die Democratic Alliance mit Helen Zille als Parteivorsitzender vertritt, wettert über den ANC, mit Argumenten, aber auch polemisch. Da sind die Mitglieder des ANC, besonders die Gruppe um Malema, dem Heißsporn und "Populisten"  allerdings auch nicht zimperlich.
Bei Wikipedia steht, dass, als Helen Zille mal öffentlich beklagte, dass immer mehr Weiße vom Eastern Cape "fliehen" würden, sie von einem Provinzfunktionär der ANCYL (ANC Youth League) per Twitter als "rassistische Schlampe" beschimpft wurde. Es hieß dann in den Medien, sie sei mit dieser Bemerkung wohl zu unsensibel gewesen. Na ja, ich finde so eine Äußerung auch nicht besonders gelungen, bei der Geschichte SAs, aber sich dafür so beschimpfen zu lassen, das zeigt schon auch eine Einstellung, die ich nicht weiter erörtern möchte. Helen Zille soll wohl auch mal eine Sängerin als  "professionelle Schwarze" bezeichnet haben. Geht natürlich auch gar nicht, öffentlich.  Also das zum Thema reconciliation.
Mein Mitbewohner Benny erzählte mir, dass der ANC die Kontrolle über das Western Cape verloren habe, (da regiert die Democratic Alliance mit Helen Zille),welche sie um jeden Preis wieder erlangen wollten. Deshalb würden sie jetzt die Menschen in den Townships gegen die "weiße"  Regierung aufhetzen.
Egal ob est stimmt, jedenfalls fand ich es dann einen sehr klugen Schachzug von Patricia de Lille, der Bürgermeisterin von Kapstadt, die "religious leaders" miteinzubeziehen, die mit den Verantwortlichen der Demonstrierenden vehandeln sollen, damit keine Randale passiert.
Das alles war vor Mandelas Tod, jetzt ist die Demo wohl vorerst vom Tisch.
Große Aufregung in der "Cape Times" über die Behandlung von Desmond Tutu, dem Erzbischof und Weggefährten von Mandela, der bei der Regierung in Ungnade gefallen sein soll, weil er es gewagt hat, sie zu kritisieren. Angeblich soll er nicht zur Begräbnisfeier In Jo(hannes)burg eingeladen worden sein, er wollte auch nicht kommen, dann aber doch. Seine Rede durfte er erst sehr spät halten, als die Leute schon gingen, rügte die Zeitung.
Versöhnung, tja,  ist offenbar eine heikle Angelegenheit.
Zurück zu unserer Weihnachts-Wedding-Deko, gestern gab es eine kleine spontane Party auf dem Balkon, es wurde gekocht, gegessen, Gitarre gespielt, getanzt, von einer Siebenjährigen "amazingly" gesungen, und dazu leuchteten Mond und Sterne um die Wette, das Meer leuchtete und lächelte ebenso, der Wind hatte sich verzogen und es war eine wunderbare wohl legendäre  Sommernacht.

Ach, nicht zu vergessen, der andere Fritz aus Deutschland hat den Grundstein zu einem Balkon-Kräutergarten gelegt, Chilis, Rosmarin, Zitronenmelisse ....






Jetzt läuft der Countdown bis Weihnachten, aber vorher hört ihr noch von mir, liebe Grüße, lasst es euch gut ergehen und die Plätzchen schmecken in der Vorweihnachtszeit
eure  Anna